Samstag, 17. Juli 2010

Von den Medien ignoriert (1)

Durch Zufall heute in der Onlineausgabe der Monde gefunden: Sigmar Gabriel von der SPD und Martine Aubry, Parteivorsitzende des französischen Sozialdemokraten PS, haben einen Pakt zur Stärkung des sozialen Europas unterschrieben. Soweit wenig verblüffend. In dem Pakt geben die beiden Oppositionsparteien den Konservativen und Liberalen die Mitschuld an der Wirtschaftskrise und setzen sich für ein wirtschaftlich vereinheitlichtes Europa ein. Weiterhin sollen Bildungs- und Sozialausgaben gemessen am BIP gesetzlich verankert werden.
Okay, das klingt doch gar nicht mal schlecht, aber warum wurde die Nachricht nicht Teil der PR-Maschinerie der SPD? Ich habe da so einen Verdacht:
Ce pacte européen de progrès social impliquerait pour chaque Etat membre l'instauration d'un salaire minimum tenant compte de la réalité économique

Zu deutsch: Der Pakt für sozialen Fortschritt bedeutete für jeden Mitgliedsstaat die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns gemessen an der wirtschaftlichen Realität.

Aha. Das wirkt an sich schon etwas merkwürdig, da Frankreich selber schon lange über einen Mindestlohn verfügt. Mit zur Zeit 8,44€ sogar einer der höchsten in Europa. Und überhaupt steht Deutschland ziemlich verlassen da: aktuell haben 21 der 27 Mitgliedsstaaten einen gesetzlichen Mindestlohn. Ob es Sigmar Gabriel wenigstens peinlich war, das Dokument zu unterzeichnen? Bestimmt. Darum hört man auch nichts in den Medien davon: die SPD tönt traditionell nur dann von Mindestlohn, wenn die selbst in der Opposition ist. Dann kann sie nämlich sagen: „Wir würden ja wenn wir könnten...”. So wie jetzt. Oder letztes Jahr. Oder das Jahr davor.
Als sie selbst an der Regierung waren, haben sie sich lustigerweise darauf geeinigt, das Thema zu verschieben „bis zur nächsten Bundestagswahl 2006”, da sie wussten, das sie verlieren würden bzw. gar nicht erst so weit kommen.
Also wird dieser deutsch-französische Pakt gar nicht erst an die große Glocke gehangen. Am Ende müsste man, wenn CDU und FDP endlich gestürzt sind, ja tatsächlich etwas unternehmen. So wie der ganze Rest der EU. Das könnte im Zweifelsfall dann doch noch unangenehm werden.

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