Donnerstag, 15. Juli 2010

Schon wieder Internetsperren

Und sie werden nicht müde, die Sperren zu fordern. Heute morgen gibt's wieder eine frische Meldung der dpa: „Kinderpornographische Webseiten zu lange abrufbar” heißt es da ewa bei rp online. Die logische Schlussfolgerung ist für alle Redaktionen offenbar das sagenumwobene Zugangserschwerungsgesetz.
Jene „Sperre”, die etwa auf dem eigens dafür einberufenen Expertengremium für wirkunglos befunden wurde. Die Petition gegen diesen Gesetzentwurf hatte mit 134.014 Mitzeichnern mehr als alle anderen Petitionen in der deutschen Geschichte, da es wirkungslos in Bezug auf die eigentliche Ziele sei und darüber hinaus Tür und Tor für staatliche Zensur öffnet. Auch die Fachleute vom CCC haben in einer Radiosendung viele Bedenken geäussert. In einer zähen Diskussion wurde dann gottseidank auf „Löschen statt sperren” umgeschwenkt. Was gesperrt ist, kann man umgehen. Was gelöscht ist, ist weg.

Jetzt wundert diese Mitteilung vom BKA wenig, wenn man weiß, dass die Bundeskriminalämter durch das Zugangserschwerungsgesetz nach Lust und Laune sperren könnten, mit geheimen Listen und ohne Gerichtsbeschluss. Die Zeit schrieb dazu im April letzten Jahres:
Kein Richter überprüft die Sperrlisten, keine parlamentarische Kontrollkommission, kein Datenschutzbeauftragter. Das BKA ist Ermittler, Ankläger und Richter in einer Person!
Das wäre natürlich klasse aus der Sicht des BKA. Und sie werden offenbar nicht müde, sich dafür einzusetzen. Das Problem ist jedoch ein anderes: warum das Löschen in der Realität lange dauert, verrät einem der Deutschlandfunk in einer „Hintergrund” -Sendung, wo sich Michael Böhm vom Bund der Kriminalbeamten zu Wort meldet:
"Hier haben wir gerade in Berlin das personelle Problem, dass die Technik zwar vorhanden ist, aber das Personal einfach nicht mehr mit diesen Datenmengen hinterkommt. Und dann kommen Sie in einen Bearbeitungsstau, das heißt also, Sie erkennen dann eventuell Zugriffsmöglichkeiten leider erst zu spät."
Aber ich vermute mal, dass mehr Beamte auch einiges mehr kosten. Daher wird das wohl nichts.
Abschließend möchte ich ein Zitat aus dem heutigen Artikel der Welt anbringen. Wer erkennt den logischen Fehlschluss?
BKA-Präsident Jörg Ziercke hatte mehrfach für Sperren im Internet plädiert, stößt mit dieser Position aber auf den Widerstand der mitregierenden FDP, die Liberalität im Netz fordert. Das alleinige Löschen führt laut Ziercke nicht zum Verschwinden der schrecklichen Bilder aus dem Internet, weil die Produzenten häufig über Kopien des Materials verfügen


Nachtrag 16:30:
Udo Vetter hat im lawblog weitere interessante Aspekte aufgezeigt. Dabei etwa den Umstand, dass sich hier über Bearbeitungszeiten aufgeregt werde „die [von dem BKA] selbst nie und nimmer erreicht werden”.

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